Missbrauchsvorwürfe: Nastassja Kinski springt ihrer Schwester Pola bei – Die Unschuldsvermutung gilt auch für den Vater der Beiden



Veröffentlicht am 13. Januar 2013 von

 

Nastassja Kinski 2009, wikimedia commons, Urheber: Sportsforpeace

„Ich bin .. stolz auf ihre Kraft, ein solches Buch zu schreiben. Ich kenne den Inhalt. Ich habe ihre Worte gelesen. Und ich habe lange geweint.“  Mit diesen Worten zitiert focus.de die auch international zu Ruhm gelangte Schauspielerin Nastassja Kinski (51), die sich gegenüber BILD zu dem in Kürze erscheinenden Buch  ihrer 9 Jahre älteren Schwester Pola Kinski mit dem Titel „Kindermund“geäußert hat. In dem autobiografischen Buch setzt Pola Kinski sich intensiv mit dem angeblich jahrelangen sexuellen Missbrauch durch ihren Vater Klaus Kinski auseinander. Ich hatte darüber im strafblog berichtet.

Ihre Schwester sei eine Heldin, meint Nastassja Kinski, denn sie habe „ihr Herz, ihre Seele und damit auch ihre Zukunft von der Last des Geheimnisses befreit. Diese Dinge passieren Kindern auf der ganzen Welt, jeden Tag. Und je mehr man darüber erfährt, desto mehr kann ihnen geholfen werden. Auch sie brauchen den Mut zu sprechen.“ Das Buch sei eine Waffe gegen solche Taten.

Von eigenen Missbrauchserfahrungen mit ihrem vor 21 Jahren gestorbenen Vater berichtet Nastassja nicht, auch nicht davon, dass sie von Polas Missbrauch etwas mitbekommen hat. Aber sie glaubt ihrer Schwester offensichtlich, das mag Gründe haben.

„…Nastassja Kinski schreibt nur ganz allgemein, dass sie ihrer Schwester beisteht und dass solche Taten ein Verbrechen sind, Allgemeinplätze also. Sie (hat) über all die Jahre also nichts von ihrer Schwester erfahren und sie, die ja in jungen Jahren hochattraktiv war, ist vom Vater vollständig verschont geblieben. Glaubwürdig ist das Ganze nicht. Zu viele Fragen und Ungereimtheiten und der Beschuldigte kann sich praktischerweise nicht mehr dazu äußern. Und dazu jetzt das Buch und die kalkulierte Medienaufmerksamkeit. Man hätte besser geschwiegen oder schon vor 20 Jahren gesprochen.“, meint ein Rudolf Friedrich in einem Leser-Kommentar dazu. „Weil sie ihm nie so ´“frei“ ausgeliefert war wie Pola, deren Mutter viel zu sehr mit sich selbst und mit ihrem neuen Partner beschäftigt war. Nastassja hatte ein ganz anderes Umfeld … da war das Risko für den „Papa“ viel zu groß.“, erwidert eine Leserin namens Elena Witt, und ein Gaerry Fun äußert „allergrößten Respekt vor beiden“. “

„Also bessere Werbung für ihr Buch könnte es gar nicht geben, als solche Anschuldigungen, denn ob sie der Wahrheit entsprechen ist nicht geklärt. Und Tote schweigen bekanntlich, doch ob das Buch dadurch ein Erfolg wird ist fraglich.“, lässt ein Adrian Hofer verlauten, während Stefan Neudorfer meint: „Der Frau ist vom kranken Vater das Leben genommen worden, da ist Geld egal.“
Die exemplarisch zitierten Leserbriefe bei focus.de zeigen das Dilemma, das wir auch aus vielen Missbrauchsverfahren kennen. Es werden – oft viele Jahre später – Vorwürfe erhoben, und niemand war dabei oder hat etwas mitbekommen. Es kann so gewesen sein, muss aber nicht. Es gibt vielfältige denkbare Falschbelastungsmotive, vorliegend natürlich auch der mögliche Konkurrenzneid auf den übermächtigen, postum oft vergötterten Vater und das Interesse am kommerziellen Erfolg des Buches. Andererseits täte man Pola Kinski schreckliches Unrecht, wenn man ihr solche Motive einfach unterstellen wollte, ohne einen Beleg dafür zu haben. Wenn der Missbrauch stattgefunden hat, dann muss es fürchterlich für sie gewesen sein und der spät geäußerte Hass wäre mehr als verständlich.  Für den toten Klaus Kinski, der sich nicht mehr verteidigen kann, gilt allerdings auch die Unschuldsvermutung, und zwar selbst dann, wenn auch Tochter Natassja ihm das schändliche Treiben zutraut. Ein cholerischer, rechthaberischer, psychopathischer Vater, der seine Familie vielleicht geknechtet und vernachlässigt hat, ist deshalb noch nicht unbedingt ein Kinderschänder. Und Nastassja hat ja gerade nicht behauptet, dass sie konkrete Beobachtungen oder Erfahrungen gemacht hat.
Der Satz „Wenn Sie mich fragen, dann war er das“, ist bei solchen Fallgestaltungen jedenfalls aus der Sicht eines Strafverteidigers unzulässig. „Wenn Sie mich fragen, ich weiß es einfach nicht“, passt da schon eher, und das beinhaltet die Option der Unschuld auch für Klaus Kinski. Trotz der schweren Anschuldigungen durch Tochter Pola. So lange es vernünftige Zweifel gibt, muss es deshalb heißen: „Freispruch für Klaus Kinski“. Ich vermute, das Buch von Pola Kinski, das ich noch nicht gelesen habe, wird da auch keine sichere Tatsachengrundlage für das Gegenteil erbringen können.

Kategorie: Strafblog
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