Nächtlicher Verteidigereinsatz und die rüden Methoden des SEK



Veröffentlicht am 24. Juli 2013 von

Gegen 21 Uhr bin ich gestern Abend zum Polizeipräsidium in Mönchengladbach gefahren, weil ein durch ein Sondereinsatzkommando der Polizei festgenommener junger Mann nach einem Anwalt verlangt hatte. Es geht um den Vorwurf des Drogenhandels, eine möglicherweise recht opulente Strafsache mit kompliziertem Hintergrund. Ziemlich humpelnd und mit einer Beinschiene versehen wurde der stabil gebaute Beschuldigte vom Vernehmungszimmer zum Polizeigewahrsam gebracht, wo ich mit ihm sprechen konnte. Um kurz vor 16 Uhr waren der Mandant und zwei weitere junge Männer, einer davon erst 17 Jahre alt, von einem Sondereinsatzkommando der Polizei (SEK)  am Geroweiher in Mönchengladbach festgenommen worden, wobei die angewandten Methoden nicht gerade zimperlich gewesen sein dürften. So etwa 10 Polizeibeamte seien auf ihr Auto zugestürmt, wurde mir berichtet, die Türscheiben seien eingeschlagen worden und mit reichlich roher Gewalt seien sie aus dem Auto gezerrt worden. Die Hände seien ihnen mit Kabelbindern auf dem Rücken gefesselt worden, man habe sie  auf den Boden geworfen. Von einem mit der Sache befassten Polizeibeamten habe ich gehört, dass der Verdacht bestanden hätte, dass die jungen Männer bewaffnet sein könnten, deshalb sei auch der SEK-Einsatz erfolgt. Tatsächlich seien dann aber keine Waffen, sondern nur ein gutes Kilo Marihuana gefunden worden.

So weit, so nachvollziehbar. Was dann aber nach Angaben meines Mandanten folgte, ist – wenn es auch nur ansatzweise zutreffen sollte – nicht mehr akzeptabel. Man habe ihnen am Boden liegend die T-Shirts über den Kopf gezogen, so dass sie nichts mehr sehen konnten. Dann sei er – vermutlich von einem der Beamten – mindestens vier mal mit Stiefeln getreten worden. Man habe ihm mehrfach mit dem Schlagstock auf den Kopf und den Körper geschlagen, ein Beamter sei auf sein Knie gesprungen, wodurch er sich eine schmerzhafte Verletzung zugezogen habe und jetzt ohne Stützschiene nicht mehr laufen könne, weil das Knie „ganz labberig“ sei. Er sei nach dem Einsatz ins Krankenhaus verbracht worden, wo neben mehreren Prellungen und Hämatomen eine Knieverletzung und eine Gehirnerschütterung diagnostiziert worden seien. Letztlich habe man ihn aber für haftfähig erklärt, soweit er unter Beobachtung gestellt würde.

Der Mann sah in der Tat recht übel zugerichtet aus. Etliche Verletzungen an den Beinen, im Rippenbereich und im Stirnbereich waren erkennbar, er hatte mehrere Beulen am Hinterkopf und zeigte mir sein blutverschmiertes T-Shirt. Wie ich inzwischen erfahren habe, soll es den beiden Mitbeschuldigten – der Jüngere wurde inzwischen wieder entlassen – nicht wesentlich besser ergangen sein. Ich werde für meinen Mandanten Strafanzeige wegen Verdachts der (gefährlichen) Körperverletzung im Amt gegen die SEK-Beamten erstatten und versuchen, zusätzliche Zeugen zu finden, die das Geschehen, das im öffentlichen Straßenraum stattgefunden hat, beobachtet haben. Wenn aus polizeilicher Sicht tatsächlich Anhaltspunkte dafür bestanden haben sollten, dass die Beschuldigten Waffen bei sich führten, dann mag das Einschlagen der Fensterscheiben und das gewaltsame Herauszerren der Tatverdächtigen aus dem Pkw durchaus angemessen gewesen sein. Auf wehrlose, gefesselt am Boden liegende Menschen einzuschlagen und einzutreten, lässt sich aber auch dann nicht rechtfertigen, wenn es sich um Straftäter handelt. Solchen Exzessen muss im Interesse des Rechtsstaats und der Bürger ein Riegel vorgeschoben werden.

 


Kategorie: Strafblog
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