Riesiges Medieninteresse an Oradour-Verfahren – Abmahnung an BILD geschickt



Veröffentlicht am 16. Januar 2014 von

Internationale Berichterstattung bei google

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Erstaunlich groß ist vor allem im Ausland das Medieninteresse an dem Oradour-Verfahren, in welchem mein 88-jähriger Mandant kurz vor Weihnachten wegen vielfachen Mordes und Beihilfe zum Mord angeklagt wurde. Das Landgericht Köln hatte im Laufe des 8. Januar eine Pressemitteilung herausgegeben, und ab kurz nach 14 Uhr liefen in meiner Kanzlei die Telefonleitungen heiß. Mehrere US-Medien klingelten an, französische Fernsehanstalten und Zeitungsvertreter meldeten sich im Minutenrhythmus, Anfragen kamen aus Israel und Asien und natürlich auch aus Deutschland.  Ich hatte mit einiger Resonanz gerechnet, war dann aber doch über den Umfang erstaunt. NS-Verfahren sind doch irgendwie auch olle Kamellen, hatte ich gedacht. Denkste. Dank AP (Associated Press) und Reuters war die Nachricht am Tag darauf auf dem Globus rund.

In Deutschland wurde bisher recht zurückhaltend berichtet, bis auf BILD natürlich, die ihre Sensationsberichterstatter gleich losschickte. Die lauerten meinem Mandanten tags darauf in Köln auf und verschickten ihren unsachlichen, persönlichkeitsrechtsverletzenden und jeder Unschuldsvermutung Hohn sprechenden Beitrag dann auch prompt an zahlreiche französische und andere ausländische Medien, die diesen unter Nennung der Quelle BILD weiterverbreiteten. Die Quellenangabe sei eine Bedingung von BILD gewesen, verriet mit ein französischer Reporter, Werbung muss schließlich sein.

BILD hat gestern von uns eine Abmahnung mit strafbewehrter Unterlassungserklärung zugestellt bekommen mit Fristsetzung bis morgen, 12 Uhr. Mal sehen, was deren Rechtsabteilung sagt. Die Persönlichkeitsrechtsverletzungen sind eklatant, wir haben ein paar Tage fleißig daran gearbeitet, diese detailliert zu benennen und die Rechtslage aufzuarbeiten. Ich habe etliche Aspekte ja schon im strafblog gestreift.

Mein Mandant bestreitet jede Beteiligung an Tötungshandlungen  in Oradour. Dennoch fühlt er sich schuldig, weil er damals als 19-Jähriger vor Ort gewesen ist und Teil jenes Bataillons war, das dieses schreckliche Verbrechen begangen hat. Dazu steht er, und das lastet seit 7 Jahrzehnten auf ihm. Er hat viele Details verdrängt und inzwischen auch vergessen, nach so langer Zeit verwundert das nicht, aber Ereignis an sich, das Grauen, die Schreie der Frauen und Kinder in der Kirche, das verfolgt ihn fast jede Nacht. Jeder Glaube an das, was ihm von Kindesbeinen an im Nazi-Reich als Ehre und Mannestugend vermittelt wurde, sei in Oradour gestorben, hat er mir gesagt, und so, wie er das artikuliert, wirkt seine Betroffenheit sehr authentisch.

Wie für jeden Beschuldigten streitet auch für ihn bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung, und ehrverletzende Angriffe auf seine Person muss er nicht dulden. BILD hat die Grenzen zulässiger Verdachtsberichterstattung nach meiner Überzeugung weit überschritten, das wird – da habe ich keinen Zweifel – die Justiz bestätigen, falls es soweit kommen sollte. Ich werde weiter berichten, was geschieht.

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Kategorie: Strafblog
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