Von Rockern, Raub, einer Maschinenpistole und der Unschuldsvermutung in der Prozessberichterstattung



Veröffentlicht am 17. Januar 2014 von

Foto: Stefan Kühn at de.wikipedia

Foto: Stefan Kühn at de.wikipedia

Am kommenden Montag beginnt vor dem Mönchengladbacher Landgericht ein Prozess gegen drei mutmaßliche Mitglieder des Motorradclubs Satudarah, denen Nötigung, Bedrohung  und Raub mit Waffen vorgeworfen werden. Laut Anklage sollen sie sich auf der Suche nach einem Kumpanen, von dem sie sich betrogen fühlten, unter Vorhalt einer Pistole Zutritt zu einer Wohnung verschafft und diese nach dem Mann durchsucht haben. Der sei aber nicht dort gewesen. Vor dem Verlassen der Wohnung sollen die unliebsamen Besucher den beiden dort anwesenden Männern ihre Handys und ein Mini-Tablet abgenommen haben. Dem Gesuchten hätten sie einen schönen Gruß von Satudarah ausrichten lassen und weiterhin,  dass sie ihm eine Kugel durch den Kopf jagen würden.

Ob das alles so war, soll der Prozess, in dem ich einen der Angeklagten verteidige, erst noch erweisen. In der hiesigen Lokalausgabe der RHEINISCHEN POST vom Donnerstag liest sich das unter der Überschrift „Erhöhte Sicherheitsstufe bei Rockerprozess“ folgendermaßen:

„Ab Montag stehen drei Mitglieder der berüchtigten Motorradclubs Satudarah vor dem Landgericht. Sie hatten im Juni vergangenen Jahres zwei Männer in einer Mönchengladbacher Wohnung mit einer Waffe bedroht und beraubt.“

Na, dann brauchen wir ja eigentlich keinen Prozess mehr. Nur noch ein Urteil, welches das Strafmaß festlegt. Die Angeklagten sollen die beiden Männer nicht bedroht und beraubt haben, nein, sie haben sie beraubt. Im Indikativ. Die RP weiß das offensichtlich schon, wenn man den beiden groß gedruckten Zeilen unter der Überschrift folgt. Nichts da mit „in dubio pro reo“. Vielleicht ist es ja sprachlich zu schwierig, in der Möglichkeitsform zu berichten. Oder es müssen Zeilen gespart werden, indem man eine konjunktivische Berichterstattung durch fraglos feststehende Tatsachen ersetzt.  Über die Anforderungen an eine zulässige Verdachtsberichterstattung habe ich zuletzt im Zusammenhang mit dem Oradour-Verfahren mehrfach berichtet. Da scheint sich die moderne Presse gehäuft nicht sonderlich drum zu scheren.

Ach ja, bei meinem Mandanten ist laut RP im Rahmen einer Wohnungsdurchsuchung auch eine Maschinenpistole mit 5 Magazinen gefunden worden. Klingt ziemlich martialisch. War allerdings nur eine funktionsuntüchtige Dekowaffe, die deshalb auch gar nicht Gegenstand der Anklage ist. Es liest sich aber allemal dramatisch und passt zur Story, wenn´s eine echte Waffe ist. Also erweckt man mal den Anschein, dem Leser wird´s schon gefallen…

P.S: Wenn Ihnen pohlen-meister.de gefällt, voten Sie für uns bei der Abstimmung über die besten Jurablogs 2014. Die Abstimmung läuft bis zum 31.1.2014.


Kategorie: Strafblog
Permalink: Von Rockern, Raub, einer Maschinenpistole und der Unschuldsvermutung in der Prozessberichterstattung
Schlagworte: