Samstagnacht – Mississippi Burning und ich fühle mich ertappt!



Veröffentlicht am 1. April 2012 von

Christopher Michael Little at http://www.flickr.com/photos/totallyfn/

Gestern Abend lud ich mir „Total Eclipse“ von Billy Cobham und „Romantic Warrior“ von Chick Corea mit seiner Truppe „Return to Forever“ von iTunes runter und wir reisten zurück in eine Epoche meiner Jugend. Schwindelerregende Gitarren- und Keyboardläufe, begleitet von dichten Schlagzeugrhythmen und kraftvollem Bass, sprangen mich aus meinen Zeppelinlautsprechern  an, hämmerten gegen Wände und Decken des Hauses, flüchteten bebend durch Spalten und Ritzen und rasten durchs Treppenhaus bis in die Wohnung meines Sohnes, der der späten Rache für den Hip-Hop-Krempel, den ich jahrelang ertragen musste, nur dadurch entging, dass er auf einer auswärtigen Geburtstagsparty war. Mann, wie lange hatte ich diese Musik nicht mehr gehört? Und da wir schon mal so schön am Kulturkonsumieren waren, legte ich um Mitternacht den 1988 erschienen Film „Mississippi Burning“ von Alan Parker mit dem überragenden Gene Hackman als FBI-Agent Rupert Anderson in den DVD-Player.

Ungeachtet der seinerzeit im Spiegel oder der Zeit erschienen durchwachsenen Kritiken, zog mich der auf einer wahren Begebenheit basierende Film sofort in seinen Bann. Um es kurz zu machen: Die FBI – Agenten Anderson und sein Chef Agent Alan Ward (Willem Dafoe) reisen 1964 im Auftrag der Bundes-Regierung nach Jessup County, Mississippi, um das Verschwinden von drei jungen Bürgerrechtsaktivisten zu untersuchen. Die örtliche Polizeibehörde und die weiße Bevölkerung begegnen ihnen mit offener Feindseligkeit. Schnell wird klar, dass die Polizei von Mitgliedern des Ku-Klux-Klans unterwandert ist. Um die Schwarzen weiter einzuschüchtern und von einer Kooperation mit dem FBI abzuschrecken, kommt es zu Brandanschlägen und brutalen Überfällen auf die schwarze Bevölkerung.  Als die Ermittlungen zu scheitern drohen, überredet der selbst aus Mississippi stammende, dem Idealbild eines Südstaatenspießers nachgezeichnete Agent Anderson schließlich seinen Chef Alan Ward, von den rechtstaatlichen Regeln des FBI abzuweichen. Anderson bedient sich nun der Sprache der Verdächtigen, versetzt sie in Angst und Schrecken und scheut auch vor Täuschung und Gewalt bei seinen Verhören nicht zurück.

Ich muss gestehen, es hat mich mit Genugtuung erfüllt, zu sehen, wie etwa der wirklich fiese Deputy-Sheriff, der zuvor junge Schwarze und seine eigene Ehefrau brutal verprügelt hatte, nun von Anderson ähnlich brutal in die Zange genommen wird.

Die Einzelheiten zum Film und zum sehr interessanten historischen Hintergrund findet man in „Mississippi Burning – Die Wurzel des Hasses“ und „Mississippi-Bürgerrechtsaktivistenmord“ auf wikipedia.de.

Vielmehr aber hat mich meine eigene Reaktion auf die von Gene Hackman wunderbar gespielten polizeilichen Methoden interessiert. Wie kann sich ein Gefühl der Genugtuung ausgerechnet bei einem Strafverteidiger einschleichen, wenn die Staatsmacht zu verbotenen Methoden greift, die ich in meiner täglichen Arbeit vehement moniere und bekämpfe? Ich muss an mir arbeiten!

 


Kategorie: Strafblog
Permalink: Samstagnacht – Mississippi Burning und ich fühle mich ertappt!
Schlagworte: