Schützen Verfassungsschutz, BND und Kripo einen indischen Terroristen?



Veröffentlicht am 16. Februar 2012 von

Khanda, religiöses Symbol der Sikhs

Vor dem Frankfurter Oberlandesgericht wird heute ein recht merkwürdiges Verfahren gegen 5 Angehörige der vor allem in Nordindien und Pakistan beheimateten Religionsgemeinschaft der Sikhs wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Verabredung zum Mord sowie Planung von Sprengstoffattentaten fortgesetzt. Im zweiten Anlauf soll ein Zeuge vernommen werden, der von einem der Angeklagten – meinem Mandanten – beschuldigt wird, als Scharfmacher und Anstifter hinter den terroristischen Aktivitäten zu stehen, von denen sich mein Mandant deutlich distanziert. Die Angeklagten sollen Mitglied der Khalistan Zindabad Force und anderer auf der UN-Terror-Liste aufgeführter Organisationen sein, deren Ziel es angeblich ist, auch mittels Gewalt im Punjab einen unabhängigen Sikh-Staat Khalistan zu errichten.

In dem seit einigen Monaten anhängigen Verfahren sind schon zahlreiche illustre Zeugen, darunter zum Teil höherrangige Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, des Bundesnachrichtendienstes, des Bundeskriminalamtes sowie des hessischen Landeskriminalamtes vernommen worden. Eines hatten alle gemeinsam: Wenn ich sie wegen des heute zu vernehmenden Zeugen befragte, fielen sie – nach meinem Eindruck auch zum Ärger des Gerichts – durch  vornehmes Schweigen auf und beriefen sich auf mangelnde Aussagegenehmigung. Keine Antwort zu der Frage, ob der Mann – ebenfalls ein Sikh – Informant, Vertrauensperson oder gar Agent der genannten staatlichen Institutionen sei. Auch die Bundesanwaltschaft, die in dem Verfahren die Anklage vertritt, äußert sich nicht zu Erkenntnissen über den Mann. Manchmal kann Schweigen durchaus beredt sein, finde ich.

Dem Zeugen steht kein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Auch kann er sich nicht auf eine fehlende Aussagegenehmigung berufen, da er kein Angehöriger des öffentlichen Dienstes ist. Allerdings stünde ihm ein sogenanntes Auskunftsverweigerungsrecht zu, wenn er sich im Falle wahrheitsgemäßer Aussage selbst belasten müsste. Vor ein paar Wochen wurde ein erster Versuch unternommen, den Mann vor Gericht zu vernehmen. Der gab an, den Umfang eines etwaigen Auskunftsverweigerungsrechtes nicht zu verstehen. Deshalb hat ihm der Senatsvorsitzende in großer Fürsorge einen Zeugenbeistand bestellt, der heute wohl gemeinsam mit ihm vor Gericht erscheinen wird. Ich denke, dass der Mann sich mit anwaltlicher Beratung in einen Mantel des Schweigens hüllen wird. Was bedeuten würde, dass nach wie vor der Verdacht besteht, dass Verfassungsschutz, Geheimdienst und Polizeibehörden einen potenziellen terroristischen Rädelsführer decken, während andere, in der Hierarchie nachrangige Tatverdächtige angeklagt sind. Ein wenig befriedigender Zustand, wie ich meine. Aber vielleicht gibt es ja eine Überraschung, warten wir´s ab.


Kategorie: Strafblog
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