Es ist ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Die Staatsanwaltschaft Hannover bejaht einen Anfangsverdacht der strafbaren Vorteilsnahme gegen Bundespräsident Christian Wulff und hat die Aufhebung seiner Immunität durch den Deutschen Bundestag beantragt, um ein förmliches Ermittlungsverfahren einleiten zu können. Konkret geht es nicht um den zweifelhaften Immobilienkredit über 500.000 Euro, der dem Präsidentenpaar zu Zeiten, als Wulff noch Ministerpräsident von Niedersachsen war, durch das Unternehmerpaar Gerkens gewährt wurde, und auch nicht um vergünstigte Miet- oder Leasingkonditionen für Kraftfahrzeuge, welche bereits die Schlagzeilen der Presse bestimmten. Vielmehr sind es verschiedene Vergünstigungen, die der Filmunternehmer David Groenewold dem ehemaligen Landesvater unter anderem in Form von bezahlten Hotelaufenthalten und Überlassung eines Mobiltelefons gewährt haben soll, während das Land Niedersachsen der Firma des spendablen Gönners eine Millionenbürgschaft gewährte, von der diese allerdings keine Gebrauch gemacht haben soll.
Politiker von SPD, Grünen und der Linken fordern nach Bekanntgabe des Antrags der Staatsanwaltschaft auf Aufhebung der Immunität Wulffs nunmehr ganz offen seinen Rücktritt und auch bei der Koalitionspartei FDP scheinen die Schutzmauern einzubrechen, während die CDU wohl noch um ihre Haltung ringt und bislang noch keine Stellungnahme durch ihr Führungspersonal abgegeben hat.
Viele rechnen damit, dass der in den Medien längst als „Pattex-Präsident“ verspottete Hausherr des Schlosses Bellevue heute noch zurücktritt, um sich eine Art „Restwürde“ zu bewahren und das Amt des Bundespräsidenten nicht noch weiter zu beschädigen. Wäre das der Fall, müsste sich der Immunitätsausschuss der Bundestages mit der Causa Wulff nicht mehr beschäftigen, weil dessen Immunität an das Präsidentenamt gekoppelt ist. Mal sehen, was kommt …
Kategorie: Strafblog
Permalink: Staatsanwaltschaft beantragt Aufhebung der Immunität – Tritt Wulff heute zurück?
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