Störung im Betriebsablauf… In Thüringen kann´s spannend werden



Veröffentlicht am 18. Februar 2013 von

Hauptbahnhof Hamburg

Hauptbahnhof Hamburg

Wenn ich mit der Bahn fahre, dann ist es wirklich wie verhext. Gefühlte 80 Prozent aller Fahrten gehen irgendwie schief, und das ist nicht wenig, wenn ich darüber nachdenke, wie oft ich dieses Verkehrsmittel mangels brauchbarer  Alternativen nutze. So wie gerade im Moment, da sitze ich im ICE von Hamburg nach Göttingen, um von dort nach Mühlhausen in Thüringen weiterzufahren, wo um 9 Uhr ein auf 23 Verhandlungstage anberaumter Berufungsprozess gegen einen Reiseunternehmer beginnt. Eigentlich sollte der Zug um 4:54 Uhr losfahren, aber dann kam die Durchsage, dass sich die Abfahrt wegen einer „Störung im Betriebsablauf“ – diese Floskel scheint  eine Leerformel zu sein, so etwa wie  „Schutzbehauptung“ im Strafverfahren – um 15 Minuten verzögert. Die sind jetzt vorbei, und wir stehen immer noch. Den Anschlusszug in Göttingen werde ich auf jeden Fall verpassen, und wenn es so weiter geht, dann auch den nächsten Anschlusszug, und dann kann ich frühestens um 9:31 Uhr in Mühlhausen ankommen. Dann hätte ich auch gleich eine Stunde später aufstehen und mich in einen anderen Zug setzen können.

Mist, jetzt kommt die Durchsage, dass sich die Abfahrt um weitere 15 Minuten verzögert, ist ja klasse. Aber am Gleis gegenüber, da kann ich jetzt in einen anderen Zug umsteigen, der hat derzeit nur 3 Minuten Verspätung, was aber ebenfalls ausreicht, um den zweiten Anschlusszug in Göttingen zu verpassen.  Über das Elend mit der Bahn habe ich strafblog ja schon häufig berichtet, gebessert hat sich leider nichts.

In Mühlhausen geht es um ein Verfahren wegen angeblichen vielfachen Betruges und Nichtabführens von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung. Da ist erstinstanzlich ohne meine Mitwirkung wegen eines angeblichen Schadens von ca. 350.000 Euro eine aus meiner Sicht martialische Strafe von 3 Jahren und 6 Monaten gegen den bis dahin nicht vorbestraften Mandanten ausgeworfen worden.  Das Schöffengericht hatte konzediert, dass der Angeklagte nicht eigennützig gehandelt und alles daran gesetzt hatte, sein Unternehmen und die Arbeitsplätze zu retten, nachdem dieses aus schicksalhaften Gründen, die mit der Vogelgrippe in China zusammenhingen, in eine Schieflage geraten war. Obwohl inzwischen wieder operative Gewinne erwirtschaftet wurden, waren bei einem Umsatz im deutlich zweistelligen Millionenbereich offene Forderungen in vorgenannter Höhe verblieben (die inzwischen größtenteils beglichen sind).

Ich hoffe, dass zumindest der größere Teil der Vorwürfe widerlegt werden kann. Aber selbst wenn nicht, die Strafhöhe kann ich auch im Vergleich zu anderen Verfahren, in denen es um systematischen und habgiergesteuerten (Kapitalanlage-)Betrug geht und bei denen die Schäden oft deutlich  höher sind, einfach nicht nachvollziehen. Da kommt es nämlich immer wieder zu Bewährungsstrafen, wenn die Täter nicht vorbestraft sind. Da ist der Kampf um den Erhalt vieler Arbeitsplätze doch richtig ehrbar. Aber wir wissen ja, vergleichende Gerechtigkeit gibt´s im Strafprozess  nur selten…

Nun gut, wir haben etliche Argumente und Beweisanträge im Köcher, ich bin durchaus optimistisch, etwas erreichen zu können. Warten wir´s ab.

Ach ja, gerade kam eine Zugdurchsage, die einen außerplanmäßigen Halt in Lüneburg ankündigte, um dort verspätet angekommene Reisegäste aufzunehmen. Das bedeutet für mich eine weitere Verspätung auf dem Weg nach Thüringen. Wonderful! Aber irgendwann werde ich ankommen, so viel steht fest! Also, wenn nichts Irreversibles dazwischen kommt, meine ich…..

 

 


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