Thüringen: Sohn eines hohen Strafrichters im Knast gefoltert und vergewaltigt



Veröffentlicht am 18. März 2013 von

Besuchereingang zum Gelände der Jugendvollzugsanstalt Hahnöfersand bei Hamburg

Besuchereingang zum Gelände der Jugendvollzugsanstalt Hahnöfersand bei Hamburg

Nach einem Bericht bei focus.de ist ein Sohn des ehedem höchsten Strafrichters im Bundesland Thüringen, der eine Jugendstrafe verbüßen musste, Opfer brutaler Misshandlungen geworden. Der Junge war 17 Jahre alt, als er im Herbst 2011 in der Jugendstrafanstalt Ichtershausen von zwei Mithäftlingen tagelang gefoltert und sexuell missbraucht wurde. Unter anderem sollen die damals 16 und 19 Jahre alten Täter ihn mit einer Metallstange auf die Brust geschlagen und ihn mit nassen Handtüchern ausgepeitscht haben. Sie hätten ihn gezwungen, Mehl zu essen und sich eine Glatze zu rasieren. Mit Nadeln und Rasierklingen sei er traktiert worden und mit einem glühend heißen Feuerzeug wurde ihm eine Brandwunde zugefügt. Außerdem soll es zu mehrfachen Vergewaltigungen gekommen sein.

Ab dem 27. März müssen sich die wegen Gewaltdelikten vorbestraften Mithäftlinge deswegen vor einer Jugendkammer des Landgerichts Erfurt verantworten.

Der Vater des Opfers, der jetzt in einem Zivilsenat tätig ist, bezweifelt laut focus.de, dass sein Sohn gezielt ausgesucht wurde oder dass es sich um einen speziellen Racheakt gegen die Justiz gehandelt habe. Solche Übergriffe kämen in deutschen Gefängnissen häufig vor, hat der Mann verlauten lassen.

Allein in Thüringen gab es im vergangenen Jahr 79 Strafanzeigen wegen Gewaltakten in Gefängnissen. Die tatsächliche Zahl von Übergriffen dürfte sehr viel höher liegen. Nach einer in 2012 veröffentlichten Studie wird jeder vierte Häftling Opfer von Gewalt und Mobbing durch Mitgefangene. Ausgewertet wurden damals 6384 anonyme Fragebögen aus den Zeiträumen April/Mai 2011 und Januar bis Mai 2012. Beteiligt hatten sich 4985 Männer, 461 Frauen und 983 Jugendliche aus 33 Gefängnissen in Bremen, Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen und Thüringen.  In den anderen Bundesländern dürfte es kaum besser aussehen. Viele Opfer, insbesondere unter den Jugendlichen, verzichteten aus Angst vor weiterer Repression auf Anzeigen, hieß es damals. Aus Furcht vor Übergriffen würden viele Gefangene Bereiche wie Duschen und uneinsehbare Flure meiden. Der Leiter des Kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen, Christian Pfeiffer, erhob damals die Forderung, die Sicherheitsmaßnahmen in den Gefängnissen zu verstärken. So sollten  zum Beispiel mehr Bereiche mit Kameras überwacht werden. Auch könnten bautechnische Änderungen und mehr Aufsicht auf den Fluren die Sicherheit in den Anstalten verbessern.

Jeder Fall von Gewalt in Vollzugsanstalten sei einer zuviel, wird der SPD-Justizminister Thüringens, Holger Poppenhäger, zitiert. Allerdings werde man das Problem „nie ganz ausschließen“ können. Gegen die Leiterin der Jugendstrafanstalt  Ichtershausen sei eine Dienstaufsichtsbeschwerde anhängig, über die noch nicht abschließend entschieden sei.

Wie war das noch mit Dienstaufsichtsbeschwerden? Gibt es da nicht die drei großen  „F“s? Formlos, Fristlos, Fruchtlos.


Kategorie: Strafblog
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