Über Angelinas Brüste und Billig-Silikon-Einlagen



Veröffentlicht am 15. Mai 2013 von

Aufbau der weiblichen Brust, wikimedia commons

Aufbau der weiblichen Brust, wikimedia commons

Seit gestern geht die Nachricht rund um die Welt und wird in der Presse und in unzähligen Fernsehformaten sowie im Internet aufgearbeitet und kommentiert: Angelina Jolie, mehrfach zur „sexiest woman alive“ gekürt und langjährige Partnerin des Womanizers Brad Pitt, hat sich wegen eines erblich bedingten hohen Brustkrebsrisikos beide Brüste amputieren lassen! Wie das klingt! Ist die Frau jetzt am Oberkörper verstümmelt? Muss wohl so sein, denn bild.de weiß es ganz genau: „Hollywood-Star ließ sich beide Brüste abnehmen“, heißt es da ganz plastisch, und das Verb „abnehmen“ verdeutlicht, dass die einstmals so schönen Rundungen weg sind. Futsch! Aus! Vorbei! Oder doch nicht? Wer weiterliest, der erfährt dann das, was er längst geahnt hat. Nein, da wurden nicht die ganzen Brüste abgetrennt, sondern (nur) die Brustdrüsen wurden beidseitig entfernt. Mastektomie nennt der Mediziner diesen Eingriff, und im Frühstückfernsehen wurde heute morgen bei Sat1 demonstriert, wie die Brust in der alten Umhüllung wieder aufgebaut wird und danach genauso schön oder – wie eine von einer Amputation betroffene Polizistin als Studiogast versicherte – sogar noch schöner aussieht als  zuvor. Die gute Angelina kann also „sexiest woman“ bleiben, ob dabei Botox oder Silikon zum Einsatz kommen, ist doch einerlei.

Apropos Silikon, Millionen von Frauen haben sich weltweit damit die Brüste aufpolstern lassen, auch ohne Brustkrebsrisiko, und wie wir wissen, ist dabei gelegentlich Billig-Silikon, das für Industriezwecke und nicht für Eingriffe in den menschlichen Körper gedacht war, zum Einsatz gekommen, was zu Recht für viel Empörung gesorgt und zu Ängsten und Nachoperationen geführt hat. Da gibt es die inzwischen insolvente französische Firma PIP (Poly Implant Prothèse),  deren Gründer Jean-Claude Mas (73) derzeit in Marseille vor Gericht steht , weil Chirurgen hunderttausenden von Frauen, darunter auch etwa fünftausend deutsche, deren Produkte  implantiert haben, obwohl diese besonders reißanfällig sein sollen und eben nur Industrie-Silikon enthalten, was im Falle des Auslaufens zu erheblichen gesundheitlichen Komplikationen führen kann. „Schwere Täuschung und Betrug“ wirft die Staatsanwaltschaft den Verantwortlichen des Unternehmens vor, berichtet spiegel-online, und deshalb soll der Firmenchef für 4 Jahre ins Gefängnis und 100.000 Euro Strafe zahlen. Außerdem soll ihm verboten werden, noch jemals im Medizin- und Gesundheitsbereich tätig zu werden. Gegen die übrigen Angeklagten wurden Haftstrafen zwischen 6 Monaten und 2 Jahren beantragt. In einem der größten Verfahren der französischen Justizgeschichte habe die Staatsanwaltschaft mehrere Stunden lang plädiert, ist zu lesen, 7.400 betroffene Frauen seien als Klägerinnen aufgetreten. Ob und von wem die Frauen entschädigt werden (können), sei noch ungeklärt, heißt es in dem Beitrag.

Die Verteidigung soll bis Freitag plädiert haben.

Die Angelina Jolie betrifft das Verfahren nicht, ihre Chirurgen werden sicher ihr ganzes Augenmerk darauf gerichtet haben, nur reißfeste Spitzen-Silikon-Polster zu verwenden. Aber mutig ist Jolies Schritt, mit der Information an die Öffentlichkeit zu treten, schon, finde ich. Vielleicht hilft er ja manchen von einem Krebsrisiko betroffenen Frauen bei ihrer Entscheidung. Vor allem, wenn sie erfahren, dass die Brüste doch nicht ganz „abgenommen“ werden.

 


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