Undichte Quelle bei der Staatsanwaltschaft Duisburg? Angeblich soll Loveparade-Anklage im Entwurf fertig sein



Veröffentlicht am 25. November 2013 von

Bisweilen wundert man sich auch als erfahrener Strafverteidiger, was die Presse so alles weiß. Je weiter ein Verfahren fortgeschritten ist, um so eher kann es undichte Quellen geben, die Informationen weitergeben. So wird eine Anklageschrift dem Verteidiger, dem Angeklagten, etwaigen Nebenklägern und deren Anwälten zugestellt, die alle ein Interesse daran haben können, gegen oder auch ohne Entgelt die Presse zu unterrichten. „Dann gehe ich eben an die Presse“, ist ein reichlich geflügeltes Wort, das wir nicht selten von unseren Mandanten hören, wenn diese sich zu Unrecht verfolgt fühlen. Wobei sich die Presse allerdings in der Regel nur für wirklich spektakuläre Fälle interessiert.

Dass der Entwurf einer Anklage bekannt wird, bevor über deren Erhebung überhaupt entschieden ist, dürfte eher die Ausnahme sein. Als Quelle kommt insoweit eigentlich nur die Staatsanwaltschaft in Betracht, wer sonst sollte über entsprechende Kenntnisse verfügen? Naja, vielleicht die Lebenspartnerin oder der Lebenspartner des Staatsanwalts bzw. der Staatsanwältin, die den Entwurf zuhause haben rumliegen sehen und diesen heimlich kopiert haben, aber das ist eine eher unwahrscheinliche Variante.

Wie dem auch sei, bei focus.de ist heute nachzulesen, dass die Duisburger Staatsanwaltschaft dreieinhalb Jahre nach der Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten endlich die Anklage im Entwurf fertig habe. Diese liege der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf vor, die bis Januar prüfen wolle, ob tatsächliche eine entsprechende Anklage erhoben werden soll. Aus „Justizkreisen“ habe man entsprechende Informationen erhalten, schreibt das Magazin. Das klingt jedenfalls nicht nach offizieller Unterrichtung.

Der FOCUS scheint viel zu wissen. Gegen 10 oder 11 Beschuldigte solle Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben werden, wird berichtet, allesamt Mitarbeiter der Veranstalterfirma Lopavent und der Stadt Duisburg. Duisburgs Ex-OB Adolf Sauerland sei nicht darunter, ebensowenig Lopavent-Chef und McFit-Unternehmer Rainer Schaller oder bei der Veranstaltung eingesetzte Polizeibeamte. Letzteres verwundert laut bild.de den Kollegen Julius Reiter, der mehrere Opfer vertritt. Und der Sprecher der „Betroffenen Initiative LoPa 2010“, Jörn Teich, habe gegenüber dem WDR sein Unverständnis geäußert, weil die Polizei seiner Auffassung nach einen großen Anteil an der Katastrophe habe.

Ich will mich da einer eigenen Stellungnahme enthalten, mir fehlt die Aktenkenntnis und deshalb kann ich die Beweislage nicht wirklich beurteilen. Aber erstaunlich ist es schon, dass der Entwurf der Anklage öffentlich diskutiert wird.

Eine „Verrohung der Sitten im Strafprozessverfahren“ beklagte der Düsseldorfer Kollege Jürgen Wessing,  der den früheren Baudezernenten Jürgen Dressler vertritt, gestern gegenüber der WAZ  die Berichterstattung über den Anklageentwurf.  „Es ist ein Unding, dass Beschuldigte den Verfahrensablauf aus der Presse erfahren, anstatt durch die Staatsanwaltschaft selbst“, wird Wessing zitiert.  Da wiederum kann ich dem Kollegen nur Recht geben.


Kategorie: Strafblog
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