Unglaublich: Nach viereinhalb Jahre Wartezeit fehlten die meisten Zeugen – Tötungsverfahren auf Mallorca wurde vertagt



Veröffentlicht am 23. November 2013 von

Sonnenuntergang am 22.11.2013, Portixol

Sonnenuntergang am 22.11.2013, Portixol

Da bin ich am Donnerstag extra auf die Insel gereist, um einem jungen Deutschen beizustehen, gegen den wegen Körperverletzung mit Todesfolge der Prozess gemacht wird. Das Verfahren ist reichlich skurril, ich habe im strafblog schon mehrfach darüber berichtet. Zuletzt hatte ich noch geunkt, dass es mich nicht wundern würde, wenn es zu weiteren Verzögerungen kommen würde. Als wenn ich es gewusst hätte….

Schon vor Beginn der Hauptverhandlung wurde mitgeteilt, dass ein wichtiger Tatzeuge nicht geladen werden konnte. Der Mann soll sich auf Ibiza aufhalten, aber man scheint keine allzu großen Anstrengungen unternommen zu haben, seiner habhaft zu werden. Der Arzt, der den Tod des Tatopfers festgestellt hat, war auch nicht zum Prozess gekommen, er hatte dem Gericht schon vor einiger Zeit mitgeteilt, dass er zu einem Kongress nach Barcelona muss. Und ein halbes Dutzend Polizeibeamte, die am Tatort anwesend oder ansonsten mit Ermittlungen betraut waren, fehlten auch. Ach ja, den Antrag der Verteidigung, bzgl. des britischen Tatopfers und seiner Begleiter Strafregisterauszüge in England einzuholen, hatte das Gericht wohl auch vergessen.

Also wurde das Verfahren vertagt, im März 2014 soll es jetzt weitergehen. Zwei aus England angereiste Zeugen und die Eltern des Tatopfers wurden unverrichteter Dinge wieder heimgeschickt. Mein Mandant, der meines Erachtens keine Schuld an dem tragischen Tod des Opfers hat und nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen ist, darf seit nunmehr viereinhalb Jahren Spanien nicht verlassen. Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention lässt grüßen. Immerhin hat die Staatsanwältin nunmehr selbst die Möglichkeit ins Spiel gebracht, die Reisebeschränkungen aufzuheben, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird. Bislang hatten entsprechende Vorstöße der Verteidigung keinen Erfolg gehabt.

Ich habe die Situation noch ein wenig mit dem Mandanten und dem spanischen Kollegen, der hier vor Ort für ihn tätig ist, besprochen und bin dann meine Finca gefahren, um dort nach dem Rechten zu sehen. Das Wetter ist zwar durchwachsen, aber allein schon die tollen Sonnenuntergänge machen die beruflich recht vergebliche Reise lohnend. Am Montag bin ich dann wieder in Alemania.


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