Heute ist Dienstag, 14. Februar 2012, Valentinstag. Die Liebste ist bei der Berlinale in der Hauptstadt. Wir haben uns immerhin per Whatsapp zugeprostet. Ich sitze nach einem ziemlich langen und stressigen Arbeitstag mit zahlreichen Mandantenterminen, einem Knastbesuch und unzähligen Telefonaten im ICE von Düsseldorf nach Hamburg. Planmäßige Ankunft 0:25 Uhr. Wird aber nicht klappen, weil der Zug gerade im Bahnhof Osnabrück einen längeren Halt hat. Man wartet auf die Bundespolizei, wurde gerade über die Lautsprecher durchgesagt. Keine Ahnung, was der Grund dafür ist. Schwarzfahrer, Randalierer, Drogenkonsumenten oder vielleicht auch nur ein gestresster Schaffner, der mit Fahrgästen angeeckt ist. Ist mir auch egal, Tatsache ist jedenfalls, dass ich mal wieder verspätet in Hamburg ankommen werde. Vor halb zwei geht´s wohl nicht in die Federn.
Morgen um 9:00 Uhr geht der nicht enden wollende Piratenprozess im Strafjustizgebäude am Sievekingplatz weiter. 74. Verhandlungstag. Vielleicht wird das Verfahren gegen meinen Mandanten und ein paar andere mutmaßliche somalische Piraten abgetrennt, dann könnte plädiert werden. Vielleicht erfolgt auch keine Abtrennung, dann geht´s halt mit Gerichtsbeschlüssen und mit Anträgen des einzigen Angeklagten, der sich noch nicht mit dem Ende der Beweisaufnahme abfinden will, weiter. Nur eines ist gewiss: Irgendwann ist auch der längste Prozess vorbei.
Am Donnerstagmorgen fliege oder fahre ich von Hamburg nach Frankfurt. Vor dem dortigen Oberlandesgericht verteidige ich seit 3 Monaten in einem hoch interessanten, aber von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommenen Staatsschutzverfahren gegen 5 Angehörige der Religionsgemeinschaft der Sikhs, denen unter anderem die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und die Planung von Mord- und Sprengstoffanschlägen gegen abtrünnige Glaubensgenossen und gegen indische Militäreinrichtungen vorgeworfen wird. Ein reichlich exotischer Prozess, der thematisch nicht gerade zur Strafverteidigerroutine in Deutschland gehört. Solche Verfahren reizen mich, sie stellen eine ganz besondere Herausforderung dar.
Nach der Verhandlung bin ich noch zur Besprechung einer anderen delikaten Angelegenheit mit einem Frankfurter Kollegen verabredet. Ein Anwalt soll Mandantengelder in erheblicher Höhe veruntreut haben und hat sich wohl selbst angezeigt. Tragischer Niedergang eines ehemals Erfolgreichen. Danach geht´s mit dem Zug zurück nach Mönchengladbach. Kann spät werden, denke ich.
Am Freitag stehen mehrere Knastbesuche und Mandantengespräche auf dem Programm. Dann geht´s wieder nach Hamburg und von dort nach Sylt, wo am Samstag eine Geburtstagsfeier auf mich wartet.
Und so geht´s weiter:
Montag Piratenverfahren in Hamburg, Dienstag Besprechungen und Aktenarbeit, Mittwoch Piratenverfahren in Hamburg , Donnerstag erneut Oberlandesgericht Frankfurt, Freitag Berufungshauptverhandlung in einer Betrugssache in Augsburg, danach noch eine Haftprüfung ebenfalls in Augsburg, von dort geht´s wieder nach Hamburg, vielleicht mit Zwischenstation in Mönchengladbach.
Und zwischen all den Terminen muss noch Raum sein für´s Beziehungsleben, die Familie und die Pflege anderer sozialer Kontakte. Damit die Freunde einen noch wiedererkennen, wenn man sich mal wieder sieht.
Aber immerhin: Man hat was zu erzählen, denn Reisen bildet bekanntlich
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