Wenn Polizisten als Zeugen nicht die Wahrheit sagen: Es wird „gelogen, gelogen, gelogen“, aber nur selten folgt ein Verfahren



Veröffentlicht am 31. Mai 2013 von

Jutta Jüttner berichtet bei spiegel-online unter der Überschrift „Prozess gegen Jugendpfarrer König: Es wird gelogen, gelogen, gelogen“ über den Prozess gegen den evangelischen Pfarrer Lothar König vor dem Dresdner Amtsgericht, dem im Zusammenhang mit einer Antifa-Demonstration unter anderem schwerer Landfriedensbruch zur Last gelegt wird. König soll über Lautsprecher Demonstranten zu Gewaltakten gegen Polizisten aufgerufen haben („Deckt die Bullen mit Steinen zu“) und einen Steinewerfer auf der Flucht vor der Polizei in seinem VW-Bus versteckt haben. Die Aussagen von Polizeizeugen sind widersprüchlich und decken sich insbesondere nicht mit Polizeivideos, die im Prozess gezeigt wurden und eine andere Sprache sprechen. Jüttner schildert erstaunliche Erinnerungsentwicklungen bei einem Beamten, der gleich nach der Demonstration nicht zu sagen wusste, wer denn von wo gerufen hat und sich 240 Tage später dann doch an den VW-Bus und an König erinnerte.

Vereidigen wollte der Vorsitzende Richter den Zeugen trotz  eines entsprechenden Antrages der Verteidigung lieber nicht, heißt es in dem Beitrag…. Der Richter wird schon seinen Grund dafür haben. Ein Polizist sagte aus, ein verfolgter Steinewerfer sei aus Königs Bus herausgezerrt worden, aber auf einem Video soll zu sehen sein, wie der Besagte sich hinten an den Bus festkrallt und ein Polizist auf ihn einprügelt, bis er ihn losreißen kann. Na ja, irren ist menschlich, könnte man meinen, und Polizisten sind halt auch nur Menschen.

Ich habe selbst in einer ganzen Reihe von Verfahren verteidigt, in den Polizisten sich nach meiner Auffassung als Zeugen das Blaue vom Himmel heruntergelogen haben. Insbesondere, wenn es um Misshandlungen durch Beamte ging, die dann nach dem Motto „Haltet den Dieb“ den Misshandelten wegen Körperverletzung, Beleidigung und Widerstandsleistung anzeigten und sich in reichlicher Nibelungentreue zusammentaten, um ihre Aussagen miteinander abzustimmen. Aber wie das so ist in eigenen Angelegenheiten, da blieben dann doch ziemlich oft Widersprüche und Schwächen in den Aussagen, die deren Wert deutlich relativierten. Mir ist es erstaunlich oft gelungen, trotz miserabler Beweislage (ein Angeklagter gegen eine Überzahl von Polizeizeugen) Freisprüche oder  Verfahrenseinstellungen zu erreichen. Gericht und Sitzungsstaatsanwalt hatten bisweilen – so schien es mir – ein reichlich schlechtes Gewissen, wenn sie nur von „Zweifeln“ an der Täterschaft sprachen, anstatt deutlich auszusprechen, dass die Beamten schlichtweg gelogen haben. Und Falschaussageverfahren oder Verfahren wegen vorsätzlicher falscher Verdächtigung gegen die Lügner hat es im Nachhinein bis auf einen Fall, den ich erinnere, nicht gegeben.

Mal sehen, was in Dresden passiert, der Prozess gegen Pfarrer König wird fortgesetzt und ist vielleicht noch für ein paar Überraschungen gut.


Kategorie: Strafblog
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