Bei welt.de wird heute berichtet, dass die schon mehrfach als Abmahnkanzlei in die Schlagzeilen geratenen Regensburger Anwälte Urmann und Kollegen (U + C) in dieser Woche damit begonnen haben, deutsche Internetuser, die sich Pornos auf dem US-Portal redtube angesehen haben, abzumahnen. Anwaltshonorare in Höhe von knapp 150 Euro und 65 Euro angeblicher Ermittlungskosten sollen die User für jedes Filmchen, dass sie sich angeschaut haben, an den Schweizer Rechteverwerter „The Archive“ überweisen.
Die Regensburger Kanzlei war unter anderem schon einmal dadurch in Erscheinung getreten ist, dass sie angedroht hatte, die Namen von abgemahnten, aber zahlungsunwilligen Usern, die Pornos unter (angeblicher) Verletzung von Urheberrechten heruntergeladen hatten, im Internet zu veröffentlichen. Das war der Kanzlei durch das Landgericht Essen verboten worden.
Das jetzige Verhalten von U + C ist rechtlich reichlich fragwürdig. Bislang wird das bloße Streamen von Filmen im Internet, also das reine Anschauen, ohne die Filme dauerhaft herunterzuladen, ganz überwiegend nicht als Urheberrechtsverletzung angesehen. Ich habe über die damit zusammenhängenden Fragen schon einmal gemeinsam mit dem Kölner Kollegen und Medienrechtsexperten Christian Solmecke ein Videopodcast veröffentlicht.
Insoweit stellt sich bereits die Frage, ob die Abmahnanwälte überhaupt auf rechtlich zulässiger Grundlage an die Adressen der Redtube-Nutzer gekommen sind. Offensichtlich haben sie diese nämlich über eine Standardanfrage nach § 101 UrhG beim Kölner Landgericht ermittelt. Danach müssen Internetprovider die Daten von Internetnutzern bei Urheberrechtsverletzungen auf der Grundlage von ermittelten IP-Adressen an die Inhaber der verletzten Rechte bzw. an deren Anwälte weitergeben. Wenn allerdings gar keine Urheberrechtsverletzung vorliegt, dann dürfen die Daten auch nicht herausgegeben werden. Mit dieser Frage haben sich die Kölner Richter möglicherweise gar nicht auseinandergesetzt, als sie dem Auskunftsbegehren stattgegeben haben.
Die jetzt losgetretene Abmahnwelle könnte sich für U + C als problematisch erweisen. Wer eine ihm oder der Mandantschaft in Wirklichkeit nicht zustehende Forderung unter Androhung weitergehender rechtlicher Maßnahmen durchzusetzen versucht, bewegt sich auf dünnem Eis. Der Erpressungstatbestand ist da jedenfalls nicht ganz fernliegend. Es reicht ja auch ein Eventualvorsatz.
Problematisch ist sicher auch, dass U + C bei den Abmahnungen, die unterwegs sind, nach anderen Medienberichten gleich den vollen Streitwert von 1.000 Euro gem. § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG ausgeschöpft hat, um den Gebührenanspruch zu begründen. Das ist zumindest zweifelhaft, weil dieser Streitwert wohl eher für Filesharing-Abmahnungen gedacht ist, bei denen es um grundsätzlich höheren potenziellen Schaden geht. Der Abgemahnte, der sich eh mit einer oft als peinlich angesehenen Forderung konfrontiert sieht, die er lieber nicht an die große Glocke hängen will, vermag in der Regel kaum zu durchschauen, ob ein angegebener Streitwert zulässig ist oder nicht. Die Täuschung über einen in Wirklichkeit nicht angemessenen Streitwert kann in Richtung des Betrugstatbestandes weisen, selbst wenn man die Abmahnungen entgegen der hier vertretenen Auffassung grundsätzlich als zulässig ansehen wollte.
Ob U + C sich des strafrechtlichen Risikos bewusst ist, vermag ich nicht zu sagen. Immerhin lockt ja viel Geld. Abmahnungen in vier- bis fünfstelliger Größenordnung sollen erfolgt sein, da geht es in der Summe um Anwaltshonorare von mindestens mehreren hunderttausend Euro bis hin zu höheren Millionenbeträgen. Pecunia non olet? Ich finde, es stinkt gewaltig!
Kategorie: Strafblog
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