Am vergangenen Mittwoch um drei Uhr morgens riss mich mein Handy, dass ich nicht auf „lautlos“ gestellt hatte, aus dem Schlaf. Ein Mandant war am Telefon und entschuldigte sich für die nächtliche Störung. Aber es sei wichtig. Er sei zwei Stunden zuvor von der Polizei angehalten worden, weil er angeblich deutlich zu schnell auf einer geschwindigkeitsbeschränkten Autobahnstrecke gefahren sei und ein vor ihm fahrendes Fahrzeug mit der Lichthupe bedrängt hätte. Alkohol hätte er nicht getrunken gehabt, aber wegen seiner redseligen Art hätten die Beamten eine Drogentest machen wollen, den er zunächst abgelehnt hätte. Man hätte ihm dann aber klar gemacht, das er zur Abgabe einer Urinprobe auch gezwungen werden könne. Die Beamten seien sehr unfreundlich gewesen. Unter dem Druck der Situation habe er schließlich zugestimmt. Der Urintest hätte wohl einen positiven Befund für Kokain ergeben. Das könne er sich eigentlich nicht erklären. Es sei ihm dann von einem Polizeiarzt eine Blutprobe abgenommen worden. Er hätte dem widersprochen, aber die Polizisten hätten ihm klar gemacht, dass auch das zwangsweise durchgesetzt werden könne. Man habe ihm die Autoschlüssel und den Führerschein abgenommen und jetzt sei er auf dem Weg nachhause.
Ich habe den Mann gefragt, warum er mich nicht vor Abgabe der Urinprobe angerufen habe, wenn er schon meine Nachtruhe störe. Eine wirklich plausible Antwort habe ich darauf nicht bekommen.
Am nächsten Tag habe ich bei der Polizei angerufen. Dort wurde mir mitgeteilt, die Akte sei an die Staatsanwaltschaft zur Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung über eine Beschlagnahme des Führerscheins weitergeleitet worden, weil der Mandant der Sicherstellung widersprochen habe.
Heute ist Dienstag, die Akte ist bei der Staatsanwaltschaft noch nicht eingegangen. Deshalb gibt es dort auch kein Aktenzeichen. Bei der Polizei ist sie auch nicht, wie meiner Sekretärin auf Rückfrage versichert wurde. Die hat sie ja schon am Mittwoch losgeschickt. Ich habe ein Schreiben an die Staatsanwaltschaft geschickt, dass mir die Akte vor Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung zur Einsicht- und Stellungnahme zugeleitet werden soll. Das Schreiben kann mangels Aktenzeichen dort noch keinem Vorgang zugeordnet werden. Mein Mandant darf jetzt schon seit fast einer Woche nicht Autofahren, obwohl völlig unklar ist, ob die Voraussetzungen für eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO und für eine Sicherstellung des Führerscheins überhaupt vorliegen. Bis mir die Akte vorliegt, werden wieder ein paar Tage vergehen. Der Amtsschimmel wiehert. Was hilft es da, wenn § 98 Abs. 3 StPO anordnet, dass der Beamte, der einen Gegenstand beschlagnahmt hat, innerhalb von drei Tagen die gerichtliche Bestätigung beantragen soll, wenn der Beschlagnahme widersprochen wurde?
Es ist zum Mäusemelken…
Kategorie: Strafblog
Permalink: Wo ist denn die Akte? Führerschein weg und nichts tut sich
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