Untersuchungshaft – was kann ich jetzt für meinen Angehörigen tun?



Veröffentlicht am 3. April 2012 von

Zu allererst sollten Sie jetzt erstmal einen klaren Kopf behalten. Gefühlsausbrüche und Hysterie helfen dem Inhaftierten überhaupt nicht.

I. Befindet sich Ihr Angehöriger in Untersuchungshaft, können Sie eine Menge tun, um diesem das Leben in der Justizvollzugsanstalt zu erleichtern. Die nachstehenden Tipps werden am Beispiel der JVA Mönchengladbach verdeutlicht. Abweichungen in anderen Gefängnissen sind möglich.

1. Geld und Einzahlungsmöglichkeiten

Zweimal im Monat hat der Untersuchungsgefangene die Möglichkeit, in der JVA per Bestellung einzukaufen. Hierfür benötigt er Geld, welches ihm aber nicht persönlich beim Besuch übergeben werden kann. Es ist vielmehr auf das Konto der JVA (JVA MG, Postbank Köln, BLZ 370 100 50, Kontonummer 167 506 503) zu überweisen bzw. in der JVA bei dem hierfür zuständigen Sachbearbeiter einzuzahlen. Bei einer etwaigen Überweisung vergessen Sie bitte nie den Namen Ihres Angehörigen anzugeben, damit Ihre Zahlung auch entsprechend zugeordnet werden kann.

Darüber hinaus haben Sie die Möglichkeit, bei einem Besuch im Besuchsbereich unter Aufsicht eines Justizvollzugsangestellten Tabakwaren, Blättchen, Süßwaren sowie Getränke im Wert von insgesamt 12,00 € an einem Automaten zu ziehen. Bitte halten Sie hierfür das entsprechende Kleingeld bereit.

2. Elektrogeräte

Ihr Angehöriger darf in seiner Zelle folgende Elektrogeräte besitzen:

1. Tauchsieder (maximal bis 300 Watt)
2. 1 Radio bzw. kombiniertes Gerät mit Kassettenteil und/oder CD-Player (ohne abnehmbare Lautsprecher)
3. 1 Fernseher (bis zu einer Bildschirmdiagonale von 42 cm)

Sie haben die Möglichkeit, diese Geräte montags bis freitags in der Zeit von 8 bis 12 Uhr und 13 bis 15:30 Uhr sowie unmittelbar vor einem vereinbarten Besuch in der JVA abzugeben. Alle Unterhaltungsgeräte sind nur als tragbare, sogenannte “Mobilgeräte” zugelassen und müssen in einem technisch einwandfreien, unbeschädigten Zustand übergeben werden. Bitte beachten Sie, dass die abgegebenen Geräte einer Kontrolle durch einen Fachmann unterzogen werden. Hierbei entstehen Kosten (Radio oder TV 6,50 €; Geräte mit Sprachaufnahmeteil wie z.B. Kassette 13,00 €), die von dem Konto des Inhaftierten abgebucht werden.

3. Wäsche

Ihr Angehöriger darf in Untersuchungshaft Privatwäsche (auch Bettwäsche) tragen. Diese kann nur beim Besuch abgegeben werden. Ausnahme: Bei Neuinhaftierten kann in den ersten Tagen von montags bis freitags in der Zeit von 8 bis 13:30 Uhr Wäsche abgegeben werden. In Ausnahmefällen besteht die Möglichkeit, Wäsche per Paket zuzusenden. Hierzu benötigen Sie allerdings eine Wäschepaketmarke, die von dem Inhaftierten beantragt werden muss.

4. Pakete

Der Inhaftierte darf dreimal im Jahr jeweils ein Paket mit Nahrungs- und Genussmitteln erhalten. Auch hier muss vorher eine Paketmarke beantragt werden. Normale Paket-Termine sind zu Weihnachten, Ostern und an einem dritten, selbst zu bestimmenden Termin. Das Weihnachtspaket darf 5 kg, die übrigen Pakete 3 kg Gewicht nicht übersteigen. Für weitere Informationen siehe auch das Merkblatt für den Paketverkehr in Justizvollzugsanstalten.

5. Post

Sie können Ihrem Angehörigen jederzeit schreiben. Denken Sie daran, dass sich der “Knastalltag” häufig langweilig gestaltet und Briefe für Ihren Angehörigen nicht nur aufbauende, sondern gleichzeitig auch unterhaltende Funktion haben. Bitte beachten Sie aber unbedingt, dass Ihr Schriftverkehr durch Richter (Untersuchungsgefangene) bzw. Bedienstete der JVA (Strafgefangene) überwacht wird.

Postanschrift:

JVA Mönchengladbach
– Name des Inhaftierten –
Scharnhorststraße 1
41063 Mönchengladbach

Denken Sie daran, Ihrem Angehörigen Briefmarken zur Verfügung zu stellen.

6. Bücher/Zeitschriften

Sie haben ebenfalls die Möglichkeit, Ihrem Angehörigen Bücher oder Zeitschriften zukommen zu lassen. Diese dürfen aber nur unmittelbar von einem Verlag/Buchhandlung in die JVA übersandt werden. Informieren Sie die JVA telefonisch über die zu erwartende Lieferung.

7. Besuchsmöglichkeiten

Zu guter Letzt das Wichtigste:

Vor dem Besuch müssen Sie bei dem zuständigen Gericht eine Besuchserlaubnis beantragen. Hier haben Sie die Möglichkeit, eine Dauerbesuchserlaubnis zu beantragen, mit welcher Sie dann regelmäßig ohne vorhergehende, neue Beantragung in die JVA können. Eine solche Dauerbesuchserlaubnis empfiehlt sich insbesondere dann, wenn regelmäßig die gleichen – max. 3 Personen – den Gefangenen besuchen wollen. Eine Besuchserlaubnis neben der Dauerbesuchserlaubnis kann nicht erteilt werden. Besuchstermine müssen Sie telefonisch mit der JVA vereinbaren. Es können 3 Besuchstermine im Monat von max. 45 min stattfinden, in Ausnahmefällen ein 1 1/2 stündiger Termin + ein 45 min-Termin.

Besuchszeiten der JVA Mönchengladbach für Angehörige:

montags, dienstags, donnerstags und freitags:
8 bis 16 Uhr

mittwochs
11 bis 20:10 Uhr (für Berufstätige)

Die Terminabsprache kann telefonisch unter 02161/9289344 getroffen werden.

Vergessen Sie bitte nicht, Ihren gültigen Personalausweis mitzubringen. Anderenfalls wird Ihnen der Zutritt zur Justizvollzugsansalt verwehrt. Führerschein oder Schülerausweis reichen nicht aus!

Denken Sie auch daran, 12 € Kleingeld bereitzuhalten, damit Sie für Ihren Angehörigen wie oben beschrieben einkaufen können.

Alle Gespräche mit dem Inhaftierten müssen in deutscher Sprache erfolgen und während des Besuchs ist ein Bediensteter der JVA anwesend.

II. Aber auch außerhalb des Gefängnislebens gibt es für Ihren Angehörigen einiges zu klären.

1. Mietverhältnis

Kümmern Sie sich dringend kurzfristig um die Mietwohnung Ihres Angehörigen. Bei mehrmonatiger Haft kann sich ein Riesenberg an Mietschulden anhäufen, wenn nicht rechtzeitig gehandelt wird.

Ist bereits absehbar, dass die Haft Ihres Angehörigen längerfristig sein wird, sollten Sie Ihren Angehörigen unterstützen, die Wohnung zu kündigen und Inventar auszuräumen und ggf. zu lagern oder zu veräußern.

Gehen Sie noch davon aus, dass die Untersuchungshaft nur kurzzeitig ist, helfen Sie dabei, dass die Mieten pünktlich und regelmäßig gezahlt werden. Anderenfalls riskieren Sie bzw. Ihr Angehöriger eine Räumungsklage, die die Obdachlosigkeit nach der Haftentlassung sowie ebenfalls Schulden zur Folge hätte. In Ausnahmefällen besteht für Sozialhilfeempfänger die Möglichkeit, die Wohnung zunächst weiter von der ARGE finanzieren zu lassen. Ein frühzeitiges Gespräch mit dem dort zuständigen Sachbearbeiter ist dringend erforderlich.

2. Arbeitsverhältnis

Gehen Sie davon aus, dass Ihr Angehöriger innerhalb weniger Tage wieder aus der Haft entlassen wird, empfiehlt es sich, erst einmal – unter einem guten Vorwand – evtl. Urlaubsansprüche zu nehmen, um unnötigen Ärger zu vermeiden. Ist davon auszugehen, dass die Untersuchungshaft mindestens mehrere Wochen andauern wird, informieren Sie besser sofort den Arbeitgeber Ihres Angehörigen über dessen Verhaftung. Weisen Sie diesen daraufhin, dass Ihr Angehöriger sich in Untersuchungshaft befindet und im Sinne von “im Zweifel für den Angeklagten” noch keine Schuld bewiesen ist. Auch der Untersuchungsgefangene selbst sollte sofort Kontakt zu seinem Arbeitgeber aufnehmen, um seine Arbeitsstelle zu sichern. Hier ist er sicherlich auf das Entgegenkommen und Verständnis des Arbeitgebers angewiesen. Ein sicherer Arbeitsplatz kann ganz besonders wichtig werden, wenn es um die Frage der Aufhebung des Haftbefehls geht. Kann Ihr Angehöriger einen sicheren Arbeitsplatz nachweisen, verbessert das seine Chancen bei einem etwaigen Haftprüfungstermin.

3. Schulden

Hat Ihr Angehöriger Verbindlichkeiten, die er mit monatlichen Raten tilgt? Steht er anderweitig in Kontakt zu irgendwelchen Gläubigern? Informieren Sie diese unverzüglich über die Inhaftierung und weisen Sie daraufhin, dass Ihr Angehöriger auch weiterhin zahlungswillig ist und sich unverzüglich melden wird, wenn er aus der Haft entlassen ist. Auch aus der Haft heraus, besteht die Möglichkeit, ein Verbraucherinsolvenzverfahren einzuleiten.

Verteidigertipp:
1. Schalten Sie einen erfahrenen Strafverteidiger ein, damit Ihr Angehöriger bereits zu Beginn des Verfahrens kompetent beraten wird.
2. Machen Sie – falls möglich – von Ihrem Schweigerecht Gebrauch. Lehnen Sie eine Aussage bei der Polizei ab!

Rechtsanwalt Gerd Meister, Mönchengladbach


Kategorie: Tipps und Tricks
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