Grundsätzlich besteht für Betäubungsmittelabhängige die Möglichkeit, die vom Gericht “verhängte” Strafe zum Zwecke einer Therapie nach § 35 BtMG (Betäubungsmittelgesetz) zurückstellen zu lassen. Vorausgesetzt man erfüllt nachstehende Bedingungen:
1. Die verhängte Freiheitsstrafe, bzw. der noch offene Rest der verhängten Freiheitsstrafe beträgt nicht mehr als zwei Jahre.
2. Das Gericht hat in seinem Urteil ausdrücklich festgestellt, oder es ist anderweitig nachweisbar, dass die verurteilten Taten aufgrund der Betäubungsmittelabhängigkeit des Verurteilten begangen worden sind.
3. Das Urteil muss rechtskräftig sein.
Wie also nun vorgehen?
Ein Strafverteidiger wird Ihnen – bei zu erwartendem Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – immer empfehlen, bereits während des laufenden Strafverfahrens eine Vorgehensweise nach § 35 BtMG in Betracht zu ziehen. Sie sollten dann frühzeitig Kontakt zu einer staatlich anerkannten Therapieeinrichtung (siehe auch die in unserer Linkliste aufgenommenen Therapieeinrichtungen) aufnehmen und die Möglichkeit einer stationären (Staatsanwaltschaften akzeptieren regelmäßig nur stationäre Therapien) Aufnahme ein bis zwei Monate nach der Hauptverhandlung (solange kann es dauern, bis ein schriftliches Urteil vorliegt) erörtern. Auch eine Kostenzusage Ihres Versicherungsträger (z.B. LVR) sollten Sie bereits vor rechtskräftigem Abschluss Ihres Verfahrens einholen. Die örtliche Drogenberatung bzw. die Drogenberatung in Ihrer Justizvollzugsanstalt (Sozialarbeiter) ist Ihnen hierbei gerne behilflich. Deren Einschaltung ist alleine aus dem Grunde erforderlich, da der Kostenträger einen Sozialbericht eines anerkannten Sozialarbeiters anfordern wird, bevor eine Kostenzusage erteilt wird.
Sind die o.g. Voraussetzungen nach Abschluss des Verfahrens erfüllt und rät Ihnen Ihr Verteidiger, die abgeurteilte Strafe zu akzeptieren, empfiehlt sich ein Rechtsmittelverzicht noch im Termin. Das Urteil kann dann direkt rechtskräftig werden und eine Urteilsausfertigung kann so schneller gefertigt werden.
Mit einem verbindlichen Termin für einen Therapieplatz und der Kostendeckungszusage beantragen Sie anschließend bei der Staatsanwaltschaft die Zurückstellung Ihrer Strafe nach § 35 BtMG. Das Gericht muss einer solchen Zurückstellung zustimmen und einem Therapieantritt steht dann nichts mehr im Wege.
Und wozu der Streß?
Nach § 36 BtMG ist die absolvierte Therapie bis zum 2/3-Zeitpunkt auf die Strafe anrechenbar. Dies wird normalerweise – und hierauf ist zu achten – bereits durch die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Zustimmung nach § 35 BtMG festgestellt. Nach Abschluss der Therapie besteht also die Möglichkeit einen Antrag nach § 36 BtMG zu stellen, so dass die noch offene Reststrafe dann zur Bewährung ausgesetzt wird.
Was passiert bei Therapieabbruch?
Bei Therapieabbruch meldet die gewählte Therapieeinrichtung dies der Staatsanwaltschaft und es folgt kurzfristig der Widerruf der erteilten Zustimmung. Sie müssen dann Ihre Haftstrafe wieder antreten und es folgt ggf. auch der Erlass eines Haftbefehls, wenn Sie nicht kurzfristig einen neuen Therapieplatz in einer anderen Einrichtung nachweisen können. Einer erneuten – späteren – Zurückstellung steht ein Widerruf nicht entgegen.
Brigitte Renner
Kategorie: Tipps und Tricks
Permalink: Therapie statt Knast – wie gehts?
Schlagworte: Tipps und Tricks
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