Jugendstrafrecht – mein Kind hat eine Straftat begangen!



Veröffentlicht am 3. April 2012 von

1. Wann wird Ihr Kind nach Jugendstrafrecht behandelt?

Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) kommt dann zur Anwendung, wenn Ihr Kind zwischen 14 und 17 Jahren alt ist. Jüngere Kinder sind strafunmündig. Das JGG kann darüber hinaus bei Heranwachsenden (18 – 20 Jahre) Anwendung finden, wenn der Heranwachsende nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder es sich bei Art, Umständen oder Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

2. Wo liegt der Unterschied zum Erwachsenenstrafrecht?

Hintergrund für das im JGG geregelte Sonderstrafrecht und Sonderstrafprozessrecht für junge Täter ist die Anschauung, dass es sich bei den von Jugendlichen begangenen Straftaten häufig um vorübergehende Entgleisungen im Zusammenhang mit der sozialen Entwicklung zum Erwachsenen und den hiermit verbundenen pubertären Schwierigkeiten handelt. Dem muss eben nicht in erster Linie mit Strafe, sondern vielmehr mit spezialpräventiven Maßnahmen begegnet werden. Jugendstrafrecht ist Erziehungsstrafrecht und soll durch Sozialisation, Resozialisierung und Erziehung bestimmt sein. Nichts desto trotz soll dem jungen Menschen durch Ermahnung oder leichte Sanktionen deutlich gemacht werden, dass die geltenden Gesellschaftsnormen auch für ihn verbindlich sind. Zu den Erziehungsmaßregeln finden Sie nähere Informationen in unserem Rechtsbereich “Jugendstrafrecht“.

3. Was kommt jetzt auf Sie bzw. Ihr Kind zu?

Ihnen liegt ein Schreiben der Polizei vor, wonach Ihr Kind als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren angehört werden soll. Grundsätzlich gilt wie bei Erwachsenen (s.a. Tipps und Tricks “Vernehmungstermin – muss ich bei der Polizei aussagen?”), keine Aussage bei der Polizei und am besten jetzt schon einen erfahrenen Strafverteidiger einschalten! Auch Ihr Kind ist nicht verpflichtet, bei der Polizei irgendwelche Angaben zur Sache zu machen. Ladungen zur erkennungsdienstlichen Behandlung (s.a. Tipps und Tricks “Erkennungsdienstliche Behandlung – muss ich da hin?“) muss Ihr Kind Folge leisten.

Nach Abschluss ihrer Ermittlungen – das kann einige Wochen vielleicht sogar Monate dauern – gibt die Polizei das Verfahren an die Staatsanwaltschaft ab, die dann über den Fortgang entscheidet. Der Staatsanwalt kann das Verfahren gem. § 45 JGG einstellen, wenn eine erzieherische Maßnahme bereits eingeleitet wurde, oder aber der beschuldigte Jugendliche z.B. Schadenswiedergutmachung (z.B. Schmerzensgeld an den Geschädigten bei Körperverletzung) betrieben hat. Bei seiner Entscheidung berücksichtigt der Staatsanwalt auch den Umstand, dass bereits ein anhängiges Ermittlungsverfahren dem Jugendlichen die Ernsthaftigkeit der Verfehlung vor Augen geführt hat.

Erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage, geht das Verfahren an das zuständige Jugendgericht (beim Amtsgericht) bzw. an die Jugendkammer (beim Landgericht) über. Innerhalb der nächsten Wochen wird nun eine Hauptverhandlung gegen den Jugendlichen stattfinden, in der dann über seine Taten geurteilt wird. Vor der Verhandlung wird der Jugendliche eine Vorladung durch die Jugendgerichtshilfe erhalten. Es empfiehlt sich, unbedingt zu diesem Termin zu erscheinen. Die Jugendgerichtshilfe stellt auch eine Hilfe für den Jugendlichen und nicht nur für das Gericht dar. Kooperatives, freundliches und einsichtiges Verhalten sind jetzt von dem Jugendlichen gefragt und können ihm die – sehr wichtige – Unterstützung des Sozialarbeiters in der anstehenden Verhandlung sichern. Ein gutes Wort durch den Sozialarbeiter wird bei der Sanktionierung gravierend berücksichtigt.

Mögliche Sanktionen sind:

– Erziehungsmaßregeln (z.B. Arbeits- bzw. Sozialstunden)
– Zuchtmittel (Verwarnung, Auflagen, Jugendarrest = kurzzeitige Freiheitsentziehung mit schuldausgleichendem und erzieherischem
Charakter unterteilt in drei Kategorien: Kurzarrest (bis zu 6 zusammenhängende Tage), Freizeitarrest (1-2 Wochenenden) und
Dauerarrest (1-4 Wochen))
– Jugendstrafe

Noch ein kurzer Hinweis:
Vergessen wir nicht, dass wir hier von Kindern – womöglich Ihrem oder meinem Kind – sprechen. Oft begehen unsere Kinder Straftaten aufgrund sozialer Probleme. Bei aller Erziehung und Strafe sollten wir gemeinsame Gespräche und unsere Unterstützung stets in den Vordergrund stellen.

Rechtsanwalt Gerd Meister, Mönchengladbach


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